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Pfaffenhausen |
(Lkr.Bad Kissingen, Regierungsbezirk Unterfranken) |
Lage: Ortsmitte von Pfaffenhausen, unweit der Kirche, an einem sanft nach Norden abfallenden Hang. |
Größe: 12.100 qm; zur Straße hin Steinmauer, ansonsten Drahtzaun. Zwei Eing�nge; der Haupteingang befindet sich an der Südseite. |
Alter: Um 1580 angelegt. Im Juli 1938 wurden der Kultusgemeinde weitere Begräbnisse verboten. Eine im Tahara-Haus angebrachte Gedenktafel hat folgenden Wortlaut: „Dieser jüdische Friedhof wurde seit dem 16. Jahrhundert ununterbrochen benutzt. Im Juli 1938 wurden der jüdischen Kultusgemeinde weitere Begräbnisse verboten. Zur Erinnerung [und] Mahnung“. |
Einzugsbereich: Bad Kissingen (bis 1801), Bonnland, Dittlofsroda, Gm�nden, Geroda (bis 1911), Hammelburg, Hessdorf, Oberthulba, Untererthal, Unterriedenberg und Westheim. |
Beerdigungen: Viele, teilweise aus dem letzten Viertel des 16. Jahrhunderts stammende Grabsteine. Wegen der Lage mitten im Ort beantragte der Gemeindeausschuss von Pfaffenhausen 1873 beim Königlichen Bezirksamt die Schließung des Friedhofs wegen „1. Luftverderbnis in Folge der unmittelbaren Nähe des Leichenackers am Orte Pfaffenhausen und dadurch bedingte �rtliche Krankheitserscheinungen. 2. Verunreinigung des Trinkwassers durch gel�ste Leichenstoffe aus genannten Leichenacker […]“. Die Eingabe wurde jedoch am 23. Januar 1874 abgewiesen. Die letzte Beisetzung war die von David Birk aus Gemünden. Im Juli 1938 wurde der Friedhof schließlich aus „sanit�ren Gründen“ geschlossen, da er nach Angabe der Behörden die in der Nähe verlaufende Wasserleitung verunreinige. Die zum Friedhofsverband Pfaffenhausen gehörenden Gemeinden mussten seitdem ihre Toten nach Geroda bringen. |
Besonderheiten: Sehr gut erhaltene und renovierte Leichenhalle rechts des Haupteingangs. Es bestand eine Chewra Kaddische für Männer und Frauen. |
Schändungen:
Der jüdische Friedhof in Pfaffenhausen wurde 1938 nach der
Reichspogromnacht schwer geschändet. Nachdem am Samstag,
dem 12. November 1938, s�mtliche Grabsteine von SA-Männern
gelockert und die Inschriften zum Teil zerschlagen wurden,
schickte der Dorflehrer in Absprache mit dem Bürgermeister
von Pfaffenhausen am Montagmorgen alle Schulkinder auf den
Friedhof, wo sie "mit lauten Hau-Ruck-Rufen" die
gelockerten Grabsteine umwerfen sollten. Die Grabsteine
wurden dann in einer Ecke des Friedhofs gestapelt. Einige
verwendete man zum Hausbau und zur Befestigung des Ufers
der Saale in Pfaffenhausen. Das schmiedeeiserne Friedhofstor
kam in eine Alteisensammlung. Den Friedhof selbst nutzte
der NS-Bürgermeister bis April 1945 als Weidekoppel. Im
Taharahaus richtete man 1943 einen NSV-Kindergarten ein.
Vor dem Eintreffen der US-Truppen in Hammelburg (7. April
1945) stellten NS-Mitglieder die Grabsteine wieder auf dem
Friedhof auf, allerdings nicht über den ursprünglichen Gräbern.
Bis heute sind die Zeichen der Schändung zur erkennen: mutwillig
zerschlagene Inschriften und Grabsteinsockel ohne zugehörige
Grabsteine. Die Aktenlage zu diesen Vorg�ngen ist überliefert
im Staatsarchiv Würzburg. (Freundlicher Hinweis von Petra Kaup-Klement, Haar) |
Literatur: Germania Judaica II, 2, S. 335-336; III, 1, S. 510-511; Harburger 3, S. 658; Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens, S. 103; Träger, Michael: Jüdische Friedhöfe in Bayern (21) [Hörstein, Miltenberg, Pfaffenhausen]. In: Der Landesverband der Israelit. Kultusgemeinden in Bayern 13, Nr. 78 (Dezember 1998), S. 17-18, hier S. 18; Werner, Constanze (Bearb.): KZ-Friedhöfe und Gedenkstätten in Bayern. „Wenn das neue Geschlecht erkennt, was das alte verschuldet …", Regensburg 2011 [allgemein zum Thema sowie Dokumentation der in der Zuständigkeit der Bayerischen Schlösserverwaltung stehenden KZ-Friedhöfe und Gedenkstätten] > vollständig zitierte Buchtitel finden Sie hier |