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Kleinbardorf |
(Gemeinde Sulzfeld, Lkr. Rhön-Grabfeld, Regierungsbezirk Unterfranken) |
Lage: Steiler Berg (Wartberg, „Judenhügel“), ca. 2 km vom Ort in Richtung Bad Königshofen entfernt. Durch den Friedhof fährt ein öffentlicher Wanderweg, der nicht zum Friedhofsgelände gehört. |
Größe: 21.500 qm; der Friedhof gehört zu den ältesten Friedhöfen Bayerns und ist nach München der zweitgrößte jüdische Friedhof in Bayern. |
Alter: Um 1574, Erweiterungen 1796 und 1843. Georg Freiherr von Bibra erlaubte 1574 den Juden, ihre Toten am Wartberg zu bestatten. Laut der Chronik derer von Bibra mussten sie ihm hierfür einen jährlichen Zins von vier Gulden und für jeden Beerdigungsfall eine Gebühr von einem Taler entrichten. Das Kleinbardorfer Schlossgut, zu dem das Gelände des Friedhofs gehörte, fiel 1602 an den Fürstbischof Julius Echter, 1691 an die Freiherrlich Guttenberg’sche Familie. Der Erwerb des Areals durch die Juden im 17. Jahrhundert und die Erweiterungen waren nur mit der finanziellen Unterstützung anderer Gemeinden möglich, die ihre Verstorbenen auf diesem Bezirksfriedhof beerdigten. |
Einzugsbereich: Bezirksfriedhof mit einem Einzugsbereich von ursprünglich 28 Gemeinden: Bastheim, Bauerbach, Berkach, Eichenhausen, Gleicherwiesen, Hüchheim, Kleinbardorf, Kleineibstadt, Königshofen, Lebenhan, Maßbach, Meiningen, Mellrichstadt, Mittelstreu, M�hlfeld, Neuhaus bei Neustadt, Neustadt an der Saale, Oberlauringen, Oberstreu, Oberwaldbehrungen, Poppenlauer, Reyersbach, R�delmaier, Steinach an der Saale, Sulzdorf an der Lederhecke, Thundorf, Trappstadt, Waltershausen. Zuletzt, nachdem im Lauf des 19. Jahrhunderts zahlreiche Gemeinden eigene Friedhöfe anlegen konnten, bestatteten nur mehr die jüdischen Gemeinden von Kleinbardorf und Hüchheim ihre Toten in Kleinbardorf. |
Beerdigungen: Auf dem Friedhof befanden sich 1933 noch etwa 20.000 Gräber. Nach einer Zählung von 1987 sind noch ca. 4400, teilweise sehr schöne Grabsteine erhalten. Rechts des Eingangs Grabfeld für Frauen, die bei oder infolge einer Entbindung verstorben sind. Links des Eingangs Abteilung mit jüngeren, in Reihen angelegten Gräbern; hinterer großflächiger Teil mit alten und sehr alten Gräbern. Die letzte Lewajia fand 1938 statt (Jakob Fleischhacker). Ein Gräberverzeichnis von 1759 bis 1938 sowie Aufzeichnungen von Beerdigungen zwischen 1800 und 1938 wurden in der NS-Zeit eingezogen und sind seither verschollen.. |
Besonderheiten: Renoviertes Tahara-Haus aus Steinquadern mit renovierter Innenausstattung und hebräischer Inschrift über dem niedrigen Eingang. Ihr zufolge konnte das Häuschen 1695 durch die Spenden des Jospe Neustatt errichtet werden. Kriegerdenkmal vom 22. Juli 1922 für 22 jüdische Gefallene des Ersten Weltkrieges mit der Inschrift: „Zum Andenken an die tapferen Helden jüdischen Glaubens, die in dem Weltkrieg 1914-1918 ihr Leben für ihr Vaterland hingegeben“. Durch den Friedhof fährt heute ein nicht zum Gelände gehöriger öffentlicher Wanderweg. |
Schändungen: Nachweislich 1925, zwischen 1933 und 1945, 1957 und 1977. 1945 wurde der Friedhof wieder instandgesetzt. |
Literatur: Albert, Reinhold: Geschichte der Juden im Grabfeld (Schriftenreihe des Vereins für Heimatgeschichte im Grabfeld e.V., Bd. 2). 2. Aufl. Kleineibstadt 1996; Harburger 2, S. 323; Müller, Otto: F�hrer auf den Judenhügel bei Kleinbardorf, Kreis Königshofen im Grabfeld. Kleinbardorf 1953; Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens, S. 75-77; Träger, Michael: Jüdische Friedhöfe in Bayern (23) [Cham, Kleinbardorf, Sulzb�rg, Hagenbach]. In: Der Landesverband der Israelit. Kultusgemeinden in Bayern 14, Nr. 80 (September 1999), S. 18-20, hier S. 18-19.; Albert, Reinhold: Geschichte der Juden im Grabfeld, 2. Aufl. Bad Königshofen i. Gr. 1996 (Schriftenreihe des Vereins für Heimatgeschichte im Grabfeld e.V.); Werner, Constanze (Bearb.): KZ-Friedhöfe und Gedenkstätten in Bayern. „Wenn das neue Geschlecht erkennt, was das alte verschuldet …", Regensburg 2011 [allgemein zum Thema sowie Dokumentation der in der Zuständigkeit der Bayerischen Schlösserverwaltung stehenden KZ-Friedhöfe und Gedenkstätten]; Albert, Reinhold: Jüdische Friedhöfe im Landkreis Rhön-Grabfeld, o.O. 2015 (Schriftenreihe der Kulturagentur des Landkreises Rhön-Grabfeld 1) > vollständig zitierte Buchtitel finden Sie hier |