Gleis 11 - Ein Dokumentartheaterprojekt
Ein Luftschutzbunker, direkt unter Gleis 11 des Münchner Hauptbahnhofs. Ein Ort für die Katastrophe, den Ausnahmezustand. Schleusentüren und Sandfilter regulieren, wer und was hier eindringen. Im Jahr 1960, 15 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, wurde der Bunker zu einem Aufenthaltsraum umfunktioniert. Er diente nun als Zwischenunterkunft für ausländische Arbeitskräfte, die in Deutschland nach neuen Perspektiven und besseren Lebensbedingungen suchten. Im „Wirtschaftswunderland“ herrschte in den 1950er- und frühen 1960er-Jahren großer Arbeitskräftemangel, den man mit der Anwerbung von Gastarbeitern – wie man sie lange Zeit nannte – bewältigt werden sollte. Das erste Anwerbeabkommen wurde 1955 mit Italien geschlossen, es folgten weitere, so 1961 mit der Türkei. Zum Zeitpunkt des Anwerbestopps, der im Jahr 1973 beschlossen wurde, lebten etwa vier Millionen ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in der Bundesrepublik, etwa ein Drittel von ihnen kam aus der Türkei. Die damals gebräuchliche Bezeichnung „Gastarbeiter“ drückte die Vorstellung aus, dass die Arbeitskräfte eines Tages wieder in ihre Heimatländer zurückkehren würden – Integrationsstrategien, wie sie heute für die Schaffung eines gesellschaftlich ebenso relevanten wie notwendigen „Wir“ unabdingbar sind, hatte man damals noch nicht entwickelt.
Das Dokumentartheaterprojekt „Gleis 11“ von Christine Umpfenbach und Paul Brodowsky griff im Jahr 2010 diese Thematik für die Münchner Kammerspiele auf. Die Ankunft der ausländischen Arbeitskräfte am Originalschauplatz im Bunker wurde von Zeitzeugen nachgespielt, die seinerzeit hier angekommen waren. Eine ausführliche Erläuterung des Konzepts finden Sie hier.
Das Haus der Bayerischen Geschichte hat eine filmische Dokumentation
des Theaterprojekts erstellt, um es für die Zukunft zu bewahren. Einzelne
Spielszenen finden sich darin ebenso wie Ausschnitte aus
Zeitzeugeninterviews, die mit den Darstellern geführt wurden. Die
Dokumentation dauert 34 Minuten und kann in diesem Onlineportal abgerufen
sowie zum Einsatz im Schulunterricht auf DVD bestellt werden. Ausgewählte
Biografien und Ausschnitte aus den Zeitzeugeninterviews finden Sie
hier.
Um die Potenziale unserer Einwanderergesellschaft sichtbar zu
machen, bieten wir mit dieser Dokumentation einen Blick zurück in die
Anfänge. Geplant ist, damit den Grund für den Aufbau eines umfassenderen
Internetportals zum Thema Migration zu legen. Für die Bereitstellung der
Fotovorlagen danken wir den Mitwirkenden von „Gleis 11“, der Fotografin
Andrea Huber, München sowie der
Bayerischen Staatsbibliothek und dem
Stadtarchiv München, die uns historische Aufnahmen der
Fotografen Felicitas Timpe und Rudi Dix zugänglich machten.
Erinnerungsstücke gesucht!
Wir suchen für das neue Museum der Bayerischen Geschichte Erinnerungsstücke von Migranten, die sie aus ihrer alten Heimat mit nach Bayern brachten, oder Dinge, die in der neuen Heimat ihren Alltag prägten. Bitte nehmen Sie Kontakt mit uns auf:
Haus der Bayerischen Geschichte
Stichwort Objektsammlung
Donaumarkt 1, 93047 Regensburg
Tel. 0941 59851-209
E-Mail: museum@hdbg.bayern.de