Eine „Schatzkammer Mitteleuropas“ versammelt prächtige Kunstwerke: Goldschmiedearbeiten aus Nürnberg, Augsburg und München, barocken Glasschliff aus böhmischen Hütten oder Egerer Intarsienarbeiten. Bedeutende Künstler kamen an den Prager Hof Kaiser Rudolfs II., dessen Wunderkammer weltberühmt war. Der böhmisch-altbayerisch-fränkische Kulturraum der Barockzeit, der mit dem Namen der Architekten Dientzenhofer und Balthasar Neumann, des Malers Asam und des Bildhauers Ferdinand Tietz verbunden ist, vereinte Architektur, Malerei und Skulptur zu Gesamtkunstwerken.
Viele aus Böhmen stammende Komponisten und Instrumentalisten prägten das Musikleben in den großen und kleinen Residenzen auf dem Gebiet des heutigen Bayern, so etwa den Hof der Fürsten von Oettingen-Wallerstein oder den Hof der Fürsten von Thurn- und Taxis. Wallfahrten und gemeinsame Heilige, allen voran der Brückenheilige Johannes von Nepomuk, verklammerten Alltag und Festtag. In einer „gläsernen Kapelle“ können die Besucher in die fantastische Welt der böhmisch-bayerischen Glasmacherkunst eintauchen. Und wer weiß schon, dass viele berühmte tschechische Maler des 19. Jahrhunderts in München ausgebildet wurden? Sie malten oberbayerische Idyllen, während bayerische Maler das „Goldene Prag“ abbildeten. Und einen gemeinsamen Erfolg stellt nicht zuletzt die bayerisch-böhmische Bier-Geschichte dar.
1918 wurde mit dem Ende der Habsburger Monarchie der tschechoslowakische Staat gegründet. Dessen Ablehnung durch die meisten Sudetendeutschen äußerte sich 1919 in Protestaktionen. Auch später war das Verhältnis nicht spannungsfrei. Durch das Münchener Abkommen 1938 wurden über 150.000 Tschechen zur Flucht gezwungen. Die Besetzung durch deutsche Truppen 1939 bedeutete das Ende der Tschechoslowakei. Der Terror der NS-Herrschaft brannte sich tief ins tschechische Gedächtnis ein. Die Entrechtung und Vertreibung von fast 3 Millionen Deutschen aus der Tschechoslowakei nach Ende des Zweiten Weltkriegs traumatisierte diese Menschen und beendete ein langes Miteinander. Etwa 1 Million Sudetendeutsche fand eine neue Heimat in Bayern. Sie leisteten einen bedeutsamen Beitrag zum wirtschaftlichen Aufstieg. Nach 1948 und dem Prager Frühling 1968 kamen viele tschechische Emigranten nach Bayern. Originale Zeugnisse wie das Münchener Abkommen, Zeitzeugenaufnahmen und Fotografien wecken das Verständnis für die Schicksale der Menschen auf beiden Seiten.
Seit dem Ende des Eisernen Vorhangs 1989 sind enge Wirtschaftskontakte und ein reger neuer Austausch zwischen Bayern und Tschechien entstanden. Ein medialer Blick auf die Gegenwart und die gemeinsame Zukunft innerhalb Europas bildet den farbenfrohen Schlusspunkt der Ausstellung.
Zur Vorbereitung der Ausstellung fand in Zwiesel vom 2. bis 4. Mai 2005 ein Kolloquium statt, das das Haus der Bayerischen Geschichte zusammen mit dem Collegium Carolinum veranstaltete. Die Ergebnisse dieser Tagung werden in einem zur Ausstellung erscheinenden Aufsatzband vorgelegt.
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Das Logo der Landesausstellung
Ein Prunkstück der Ausstellung: die mit Gold und Juwelen verzierte Monstranz aus Waldsassen.